Kultur-TschoK  


Simple Minds

Ja moin!

Juchuuu... ich war daaaa!!!! Gestern abend, Simple Minds, Sporthalle Hamburg. Vorab: Es war ein wirklich geiles Konzert. Super Stimmung, super aufgelegte Band, viele Zugaben und vor allem: Zweieinhalb Stunden schöne Musik so richtig mit Melodien!

Erklärung für die Jüngeren: 'Melodien' nennt man das, wenn jemand singt. Nein, ich meine nicht das was passiert, wenn 4 kleinwüchsige jugendliche Ex-Kriminelle auf ner Bühne stehen, sich kaum bewegen können weil der Hosenbund zwischen den Kniekehlen hängt - ein Modegag, der Gerüchten zufolge aus den Fussfesseln in amerikanischen Todestrakten entstanden ist -und schwitzen wie Karl-Heinz auf Montage - weniger wegen einer tollen Bühnenperformance sondern wegen debil aussehenden Strickmützen, die das Gehirn warm halten, damit die Eigentümer es schaffen, gleichzeitig das Mikro zu halten und zu atmen, epileptische Armbewegungen zu zelebrieren (das geht übrigens auf einen JackAss-Selbstversuch zurück, bei dem sich einer der Vollkoffer dort ein 220V-Stromkabel in den Rektum geschoben hat) und ihre sozialen Probleme im an Dieter Thomas Hecks Verbalabspann der Hitparade angelehnten Schnellsprechstil ins Mikro nuscheln, während im Hintergrund ein ebenso spastisch agierender Depp komische Geräusche erzeugt indem er Schallplatten zerkratzt.

Nein, ich meine wirkliche MUSIK. Sowas gabs wohl nur früher. Dementsprechend antiquiert war das Publikum: Ich gehörte mit meinen 35 Lenzen wohl schon zur Teeniefraktion dort. Der überwiegenden Teil der Besucherschaft bestand aus jugendlich gekleideten 40ern mit Schnauzer, die krampfhaft versuchten, fast vergessene Verhaltensmuster aus der Pubertät zu reaktivieren (Midlife-Halbstarkensyndrom), begleitet von krankhaft überschminkten und in Nuttendiesel getränkten ehemaligen Krankengehilfinnen und jetztigen Sonnenstudioarbeiterinnen. Vereinzelt waren auch ein paar echte 80er-Freaks zu sehen, deren Friseure offenbar die Modetrends der letzten 25 Jahre verschlafen haben und natürlich die obligatorischen dickärschigen Mauerblümchenfregatten mit Simple Minds T-Shirt, Hau-Weg-Visage und Mitsing- Garantie, deren einzige sexuelle Aktivität vermutlich das Hinten- und- vorne-Abwischen nach dem Stuhlgang ist und die deshalb oder trotzdem davon träumen, von Jim Kerr angeschaut, auf die Bühne gehoben und dann gebeten zu werden, mit ihm auf die Fidschi-Inseln auszuwandern und deshalb generell bei jedem Konzert ganz vorne stehen, was eine bessere abschreckende Wirkung auf die Band hat als 20 Ordner der Hells Angels in einer Reihe.

Sehr schön auch, dass direkt vor meiner Nase der einzige 2-Meter-Mann in der ganzen Konzerthalle stand, der sich ansonsten durch konsequentes nicht-mit-Klatschen und nicht-Bewegen auszeichnete. Dafür verschob er sich aber konsequent während des ganzen Konzertes in millimeterfeiner Kleinarbeit immer wieder vor mein Gesichtsfeld und animierte nicht nur mich sondern auch eine ganze Traube hinter ihm platzierter Personen dazu, sich neu zu formatieren. Meine Plan ihm einfach den Kopf abzuschlagen war leider undurchführbar, da ich kein passendes Schwert dabei hatte und auch keine Lust, meine Klamotten zu versauen.

Zum Konzert selber: Die Vorgruppe war unglaublich Scheiße. 6 auf 'Britpopper'gestylte Österreicher die ein bißchen aussahen, wie von Mami eingekleidet standen relativ bewegungslos auf der Bühne herum und produzierten eintönige Sounds, während der Frontman offensichtlich versuchte, einen Kastraten zu imitieren. Das ganze so farblos, dass es sicherlich hervorragend als Hintergrundmusik in einem Pornofilm passt - am besten im Abspann - , nicht jedoch auf eine Bühne, die kurz darauf die Simple Minds betreten werden. Die Jungs haben wirklich was besseres verdient...

Was danach kam, entschädigte allerdings für Alles. Ein hervorragend aufgelegter Jim Kerr, den man sein auch nicht mehr ganz so juveniles Alter in keinster Weise angemerkt hat, begleitet von einer Band, der man deutlich angemerkt hat, dass es ihnen immer noch einen Heidenspaß macht, auf der Bühne zu stehen, mit einem Programm, das keine Wünsche offengelassen hat, einem Publikum, dass begeistert mitgesungen hat - insbesondere bei "Don't you forget about me" konnte Kerr es kaum fassen, dass die Meute knapp 10 Minuten "Shalalala" gröhlte und kaum wieder zur Ruhe zu bringen war, was den Genuß der Musik zwar schon etwas beeinträchtigte... Aber so sind halt Konzerte. Und der Band hat es sichtlich Spaß gemacht.

Und das ist es doch, was gute Konzerte irgendwie ausmachen - trotz der ganzen kleinen Unannehmlichkeiten wie Nebenleute, die einem penetrant Zigarettenqualm ins Gesicht pusten oder sich noch penetranter nach vorne drängeln. Besonders lustig war dabei ein Endvierziger, der ca. 15 Minuten vor Schluß auf einmal aggressiv nach vorne drängte, dabei völlig durchgeknallt rumhüpfte, zig Leuten auf die Treterchen stieg und deshalb von den ersten drei Reihen dezent auf das Parkett der traurigen Realität zurückgeboxt wurde. Merke: Aggressiv versuchen geht schief, wenn man kein Tattoo, keine dicken Arme, keinen bösen Blick hat und keinen Respekt verbreitet sondern stattdessen eher den Eindruck vermittelt, dass man ein immer noch bei Mami wohnender Sozialarbeiter oder auch verklemmter Lehrer mit spätpubertärem Flashback ist.

Unverschämt übrigens die Preise für die Tour-T-Shirts: 25-40 Euro!!!! Schade, hätte mir gern ein T-Shirt-Andenken geholt. Aber nicht für diesen Preis.

Egal - die insgesamt zweieinhalb Stunden Spielzeit inklusive Zugaben, die tolle Stimmung, die super Musik und vor allem der Spaß, den die Simple Minds hatten, die dem Publikum das Gefühl vermittelten, ein wirklich außergewöhnlich tolles Publikum zu sein machten und ein Jim Kerr, der sich wirklich verausgabte machten alles andere nebensächlich.

In der nächsten Zeit wird sicherlich wieder verstärkt Simple Minds aus dem Autoradio dröhnen oder säuseln und die Konzertkarte wandert in meine "Memorabilien-Kiste" im Arbeitszimmer, die ich irgenwann sehr viel später mal durchstöbern werde, um die Bilder und Momente dieses Konzerts wieder aufleben zu lassen. Don't you forget about me...

Greetz, TschoK


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